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25. Mai 2011

Mittagsgespräch mit Hans Werner Schwarz

1999_schwarzNovember 1999

Das Mittagsgespräch aus "Wirtschaft aktuell" (vom November 1999)

Mit Hans-Werner Schwarz, Erster Kreisrat des Landkreises Grafschaft Bentheim

Wirtschaft aktuell: Wie ist der Ökopool in der Grafschaft Bentheim entstanden?

Schwarz: Die Umsetzung der Eingriffsregelung nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz hat in der Vergangenheit bei diversen Planungsträgern oftmals zu Problemen gerade im Hinblick auf die Beschaffung und Pflege notwendiger Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geführt. Insbesondere in der Bauleitplanung, auf die circa die Hälfte der eingriffsrelevanten Planungen pro Jahr entfällt, haben sich bei einigen Kommunen erhebliche Vollzugsprobleme bei der Suche nach geeigneten Kompensationsflächen ergeben. Aus dieser Situation heraus wurde 1994/1995 ein erstes "Poolflächenvorhaben" rund um das Naturschutzgebiet Syen-Venn für die Städte Bad Bentheim und Nordhorn realisiert.

Nachdem die Regelung zur Berücksichtigung von Eingriffen in Natur und Landschaft in der Bauleitplanung 1998 durch die Novellierung des Baugesetzbuchs und inhaltlich erweitert wurde, sind für diese Lösungswege (Flächenpool/Ökokonto) dann auch formal die planungsrechtlichen Grundlagen geschaffen worden. Heute arbeiten fast alle Kommunen des Landkreises mit Poolflächenkonzepten.

Da auch bei den übrigen eingriffsrelevanten Planungen außerhalb der Bauleitplanung die Abarbeitung der Eingriffsregelung regelmäßig mit hohen planerischen, zeitlichen und finanziellen Aufwendungen für die Vorhabenträger verbunden ist und sich die Suche nach geeigneten Kompensationsflächen und -maßnahmen oftmals verzögernd auf die Verwaltungsverfahren auswirkt, wurde bereits seit 1998 seitens der Verwaltung nach vergleichbaren Verfahrensvereinfachungen gesucht. Nachdem sich die Praxistauglichkeit des kommunalen Flächenpools in der Bauleitplanung aufgrund der bislang gesammelten Erfahrungen bewährt hat, entstand die Idee seitens der Naturschutzbehörde für den ganzen Landkreis mulifunktionale Kompensation "auf Vorrat" zu betreiben. Um das hierzu notwendige Maß an Flexibilität und Verhandlungsfreiheit bei der Realisierung von Kompensationsmaßnahmen zu gewährleisten, wurde nach Rücksprache mit der Bezirksregierung und dem zuständigen Finanzamt im Mai 1999 vom Kreistag die "Naturschutzstiftung Grafschaft Bentheim" beschlossen.

Hierbei handelt es sich um eine Stiftung des bürgerlichen Rechts, die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt wurde. Seit dem 15. Juni 1999 (1.Kuratoriumssitzung) hat die Naturschutzstiftung ihre Arbeit "offiziell" aufgenommen.

Wirtschaft aktuell: Wie funktioniert diese Stiftung?

Schwarz: Die Naturschutzstiftung, deren Geschäftsführung einem Mitarbeiter der Unteren Landschaftsbehörde und dem Leiter der Liegenschaftsabteilung übertragen ist, fördert (ausgestattet mit einem Sachvermögen von rund 20 Hektar Grundstücken und einem Betriebsvermögen von 200.000 Mark) den Natur- und Landschaftsschutz im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen im Landkreis Grafschaft Bentheim und wirkt auf die Bildung eines für den Artenschutz wichtigen Biotopverbundsystems hin. Zur Erreichung dieser Ziele erwirbt, tauscht, übernimmt oder pachtet die Stiftung Grundstücke an und optimiert diese im Sinne des Arten- und Naturschutzes. Diese Flächen werden vorab bewertet. Auf der Grundlage dieser Eingangsbewertung werden dann Optimierungsmaßnahmen (zum Beispiel Nutzungsextensivierung, Aufforstung etc.) festgelegt und ebenfalls bewertet, um hieraus den potentiellen Wertgewinn zu ermitteln. Dieser Wertgewinn wird dann, nach der Realisierung der Optimierungsmaßnahme, auf einem Werteinheitenkonto gut geschrieben. Für den Fall, dass nun ein Vorhabenträger selbst nicht für Ersatzmaßnahmen sorgen kann und er sich der Dienste der Stiftung bedienen möchte, vollzieht sich dieses auf der Grundlage einer Ablösevereinbarung. Sie enthält eine Beschreibung der Optimierungs-/Kompensationsmaßnahme, eine Benennung der betroffenen Grundstücke und eine Aufstellung der abzulösenden Kosten. Die Grundstücke verbleiben hierbei im Eigentum der Stiftung.

Wirtschaft aktuell: War es notwendig eine solche Stiftung zu gründen? Welche Vorteile sehen Sie für Unternehmer im Landkreis Grafschaft Bentheim?

Schwarz: Aufgrund der zuvor beschriebenen Schwierigkeiten bei der Beschaffung geeigneter Kompensationsflächen und den sich daraus ergebenen Aufwendungen für diverse Planungsträger, aber auch aufgrund einer aus naturschutzfachlicher Sicht verbesserungsbedürftigen Verfahrenspraxis, war die Gründung erforderlich. Folgende Vorteile sind für den Unternehmer zu sehen:

Ohne den – verfahrensbedingten – zeitlichen Druck kann notwendiger Grunderwerb von der Stiftung regelmäßig kostengünstiger realisiert werden, als private Vorhabenträger das könnten.

Der naturschutzfachliche Untersuchungsrahmen für notwendige Kompensationsflächen reduziert sich erheblich beziehungsweise entfällt, was zu finanziellen Einsparungen führt.

Sonst übliche Aufwendungen (zeitlich und finanziell) für die dauerhafte Betreuung und Erhaltung von Kompensationsflächen und- maßnahmen nach der Ersterrichtung entfallen. Die Verantwortung hierfür trägt alleine die Stiftung.

Neben der Verfahrensbeschleunigung ergeben sich weitere Effekte, zum Beispiel erhöhte Verfahrenssicherheit und Kostentransparenz.

Wirtschaft aktuell: Wenn die Ersatzflächen nicht in unmittelbarer Nähe zur Baumaßnahme liegen, geht dann nicht das auflockernde Grün in den Gewerbe- und Industriegebieten verloren?

Schwarz: Bei der Anwendung der Eingriffsregelung nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz wird nach wie vor dem Gebot der Vermeidung und des Ausgleichs von Eingriffen vor Ort Vorrang vor dem externen Ersatz eingeräumt. Insbesondere Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in Gewerbegebieten können, wenn überhaupt, nur durch Begrünungsmaßnahmen im Gebiet selber kompensiert werden. Diese Verpflichtung bleibt also nach wie vor bestehen. Gegenstand von externen Ersatzmaßnahmen sind mithin nur solche Funktionsverluste, die vor Ort eben nicht kompensiert werden können. Ein Beispiel dafür ist er Lebensraum für Wiesenvögel. Wirtschaft aktuell: Welche Vorteile sehen Sie für die Umwelt und den Naturhaushalt?

Schwarz:

Durch die bessere Naturraumkenntnis der Naturschutzbehörde können Flächen in der Regel dort sinnvoll erworben oder gegebenenfalls nach einem vorgeschalteten Flächentausch lagemäßig, insoweit arrondiert werden, wo entweder eine zweckdienliche Zuordnung zu vorhandenen Schutzgebieten ermöglicht wird, oder sie als Trittsteine dem Ziel einer groß- räumigen Biotopvernetzung dienen können. Hierdurch wird eine höhere Zielerreichung von Optimierungsmaßnahmen ermöglicht als bei der sonst oft praktizierten zerstreuten Einzel- flächenausweisung.

Im Falle von Ersatzaufforstungen können diese, je nach Entwicklungsziel, entweder bestehenden Waldgebieten angegliedert oder als Feldholzinsel gestaltet werden.

Der Vertragsnaturschutz kann durch langfristige Pflegevereinbarungen mit interessierten Landwirten gefördert werden. Durch die Präsenz vor Ort können die Vereinbarungen hier Oftmals flexibler gestaltet werden.

Die heimischen Naturschutzverbände können ebenfalls durch Pflege- oder Patenschaftsvereinbarungen an der Flächenentwicklung aktiv beteiligt werden.

Für die Naturschutzbehörde wird die Vollzugskontrolle erheblich vereinfacht.

Durch die Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen im Vorfeld (vor der Eingriffsrealisierung) erfährt der Naturhaushalt eine ökologische Aufwertung.

Wirtschaft aktuell: An welchen Orten im Kreis wird die Umwelt von der Massierung der Ausgleichsflächen konkret profitieren?

Schwarz: Die Stiftung ist bemüht, innerhalb des gesamten Kreisgebietes Flächen zu erwerben oder zu pachten, mit dem langfristigen Ziel, in allen Naturräumen entsprechende Kompensationsflächen vorhalten zu können. Aus diesem Grund wird es hierdurch zu keiner Massierung in bestimmten Orten kommen.

Wirtschaft aktuell: Ist mit dem "Abbuchen" von Flächen durch den Unternehmer die Ersatzmaßnahme abgeschlossen, oder werden regelmäßige Zahlungen, zum Beispiel zur Pflege der Flächen fällig?

Schwarz: Da die "Abgelösten" Flächen im Besitz der Naturschutzstiftung verbleiben und der potentielle "Eingriffsverursacher" (Unternehmer) über die Vereinbarung nur das ökologischeAufwertungspotential finanziell ablöst, verbleiben alle Rechte und Pflichten, die auf der Ersatzfläche liegen, bei der Stiftung. Es entstehen dem Unternehmer nach der einmaligen Zahlung an die Stiftung keine weiteren Folgekosten, da in den Ablösebeiträgen auch die kapitalisierten Kosten für die dauerhafte Pflege der Flächen einfließen.

Wirtschaft aktuell: Welche Kosten entstehen kurz-, mittel- und langfristig für den Landkreis?

Schwarz: Der Erlös aus den Ablösevereinbarungen soll unmittelbar in weitere Flächenankäufe und Optimierungsmaßnahmen investiert werden. Die Stiftung wird sich demzufolge langfristig selbst tragen, insoweit entstehen dem Landkreis keine zusätzlichen Kosten. Kurzfristig sind dem Kreis durch die Erstausstattung beziehungsweise die Anschubfinanzierung der Stiftung Kosten in Höhe des Stiftungsvermögens (rund 20 Hektar Grundstücke und 200.000 Mark Betriebsvermögen) entstanden. Über deren Rückzahlungsmodalitäten wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.

Wirtschaft aktuell: Wie lange kann die Stiftung Ihrer Einschätzung nach mit den vorhandenen Flächen im Pool arbeiten und was passiert, wenn der Bestand ausgeschöpft ist?

Schwarz: Da die Stiftung ihre Ablösebeiträge laufend in neue Flächenankäufe und Optimierungsmaßnahmen reinvestiert, ist sie solange in der Lage Pooflächen vorzuhalten, wie der Bedarf seitens potentieller Eingriffsverursacher an dieser Einrichtung besteht. Sollte die Stiftung aufgehoben werden, würde das Stiftungsvermögen dem Landkreis zufallen.

Das Interview führte Andreas Pieper

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